5.2.21 ZNZ
5.2.21
Mein Schlafrhythmus ist total durcheinander. Da ist es nicht gerade hilfreich, wenn der Muezzin um 4 Uhr in der Nacht seinen Song loslässt und damit es auch jeder mitbekommt, um 5 Uhr gleich noch mal. Ich nehme mal an, das liegt daran, dass heute Freitag ist und wie gesagt, unser Sonntag ist deren Freitag. Ausschlafen liegt hier wohl nicht hoch im Kurs. Na, unsere Kirchenglocken sind da auch nicht besser.
Das gilt wohl auch für Barbara, die sagt, sie kommt mit 5 Std. Schlaf hin. Überhaupt legt sie einen hohen Arbeitstakt vor, dem zu entziehen mir, wenn überhaupt, nur schwer gelingt. Da ich dieses Training zuletzt 2009 gegeben habe, ist natürlich viel eingerostet und auch die Verfahrensweisen mit den Trainingssimulationen zwischen den Elementen haben sich verändert. Da hat unsere arbeitsfreudige Barbara leichtes Spiel gegen meinen natürlichen Hang zum Arbeitsminimalismus. Das Ergebnis ist die für mich seit Jahren arbeitsreichste Woche.
Einen Vorteil hat dieses nächtliche Wachsein allerdings: bevor ich mich langweile, arbeite ich lieber ein bisschen. So sind die Werte aller bisherigen Evaluationen schon in die Endtabelle eingetragen, das Fotoprotokoll ist auf dem neuesten Stand, mein Reisebericht ist uptodate. (Ich schreibe quasi jetzt schon vor.)
Der Nachteil ist halt, dass ich zur Unzeit müde werde. Heute spielt das nicht so die große Rolle, weil kaum was zu tun ist und wir insbesondere keinen Termin haben – wir wollen lediglich den Trainees in ihrer Unterkunft einen kurzen Besuch abstatten. Daher hoffe ich auf die nächste Nacht, die hoffentlich etwas ruhiger werden wird.
Ich bin ja zwischendurch immer wieder für ein paar Züge am Spielen. Um auf andere Gedanken zu kommen, habe ich auf Reisen stets ein Brettspiel dabei, meistens „Le Havre, eine Wirtschaftssimulation, die man wunderbar auch alleine spielen kann. Ich weiß, ich könnte mir auch Wirtschaftssimulationen auf den Rechner laden, aber ich habe halt mehr Freude daran, die Warenchips hin- und herzuschaufeln, mit meinen Männchen zu ziehen und dergleichen. Ich habe sogar das Pappgeld durch Centstücke ausgetauscht, weil sich das schwere Metall einfach besser anfühlt.
Ja, ich bin Kinästhet keine Frage. Wie es aussieht, ist nicht so wichtig. Es muss sich gut und richtig anfühlen. Andrea und ich sind uns darüber sehr einig. Ein nicht zu unterschätzender Grund für die hohe Qualität unserer Beziehung.
So, jetzt ist mir noch eingefallen, dass ich das Rückmeldeformular für die TN an uns noch nicht überarbeitet habe. Daher ein Punkt an dieser Stelle.
Tja, und schon bin ich wieder hinten dran. Wir haben Samstag, den 6.2.2021 und der Day off ist noch nicht beschrieben. Als dann… Die Tagesplanung sah eine kurze Stippvisite zu den TN vor, dann Schwimmen am frühen Nachmittag und am späten Nachmittag ein Stadtbummel mit Abendessen auswärts.
Da aber unsere Programmmanagerin um zwei mit uns reden wollte, und der Transport sich von halb zwölf auf halb ein Uhr verzögerte, haben wir den ersten Programmpunkt gleich mal ausfallen lassen und Joel und Kassim gebeten, alleine zu fahren. Nach dem Gespräch mit der Programmmanagerin musste ich mich – immer noch rekonvaleszent – erst mal lang machen und bin erst gegen vier wieder aufgewacht. Also kein Schwimmen im Ozean (eine Schande!). Wir haben uns also um fünf an die Straße gestellt und von einem „Dalla Dalla“ mitnehmen lassen. Ein Sammeltaxi, in dem Fall mit überdachter Ladefläche, kaum 70 cm hoch. Ich musste mit angezogenen Beinen im Entenmarsch zu einem Platz watscheln. Ich habe kaum etwas gesehen auf der Fahrt wegen des Dachüberhangs. Dafür musste ich höllisch aufpassen, dass ich mir nicht bei jedem Schlagloch den Kopf stoße.
Wir sind am Markt ausgestiegen und danach im Zickzack durch die Altstadt, vorbei an beeindruckenden, typisch sansibarischen Haustüren die Messingdornen haben, um die Elefanten zurückzuhalten. Halte ich für ein Gerücht, ist aber eine lustige Vorstellung, denn die Gässchen sind so schmal, dass ein Elefant gleich an der ersten Ecke stecken bleiben würde.
An einem kleinen Platz, wo sich die Nachbarschaft zu einem Pläuschchen oder einem Dominospiel trifft, machten wir Pause und genossen einen kleinen Kaffee. Wie in vielen Ländern üblich, werden die Verrückten und Zurückgebliebenen nicht weggesperrt, sondern mischen sich unter die Leute. Ein Mongoloider geriet ganz aus dem Häuschen, als für eine Frau ein Geburtstagsständchen gesungen wurde. Freudestrahlend, wie solche Menschen es nun mal tun, sprang er auf und lief ein paarmal um uns herum. Ich habe ein Herz für solche Menschen.
Wir wanderten weiter in eine eher touristisch geprägte Ecke der Altstadt, wo wir einer Menge krebsroter Menschen begegneten, die den Übergang vom russischen Winter in die äquatoriale Sonne, nicht so gut hinbekamen. Schließlich landeten wir am Hafen, wo wir am Stand von „Mr. Mango“ auf Barbaras Empfehlung hin, uns die sansibarische Variante einer Pizza backen ließen. Und gleich nebenan, gab es einen Suppenstand einer Fraueninitiative, die wir, wiederum auf Barbaras Empfehlung, auch kosteten. Wo da noch Platz für das Abendessen bleiben soll.
Eine weitere Attraktion war das abendliche von der Kaimauer ins fünf Meter tiefer liegende Meer Springen. Manche machten einfach nur Quatsch, aber einige, hatten es richtig drauf. Eines schaffte einen eleganten 2-1/2-fachen Salto. Die Menge klatschte entsprechend.
Schließlich nach einem schönen Sonnenuntergang ins Meer wurde es für uns Zeit, uns in Richtung Restaurant zu begeben. Das Luk Maan war eine Empfehlung unseres Kellners im Gasthaus der State University of Tourism (SUZA), wo wir untergebracht sind und auch das Seminar stattfindet. Die Auswahl war klasse und der Laden war gemischt besetzt, Touristen und Einheimische bunt zusammengewürfelt.
Um neun war es dann Zeit wieder ins SUZA zu fahren, denn es gab noch einiges vorzubereiten für den morgigen Tag.
Mein Schlafrhythmus hat sich normalisiert, d.h. ich bin gegen Mitternacht aufgewacht und nach einer Stunde (und einer Aspirin plus C) wieder gut eingeschlafen und erst gegen sieben wieder aufgewacht. Andrea hatte es mir empfohlen, wegen meiner Rückenschmerzen und tatsächlich: am Morgen waren sie weg. Echtes Wunderzeug das.